Jahreshauptversammlung des Landestierschutzverbandes in Reutlingen am 13. April 2019 - Landestierschutzverband Baden-Württemberg
Jahreshauptversammlung des Landestierschutzverbandes in Reutlingen am 13. April 2019
von Redaktion LTschV-BW

Jahreshauptversammlung des Landestierschutzverbandes in Reutlingen am 13. April 2019

Im Jahresrückblick präsentierte der Vorsitzende Stefan Hitzler bei der diesjährigen Mitgliederversammlung eine positive Bilanz. Erfolgsprojekte wie die finanzielle Förderung der Kastration frei lebender Katzen oder die Pferdehilfe werden auch im laufenden Jahr fortgesetzt.
Die stellvertretende Landestierschutzbeauftragte, Frau Ariane Kari war Ehrengast und erläuterte die Vorteile von kommunalen Katzenschutzverordnungen
Die Mitgliederversammlung fordert Kommunen landesweit dazu auf, die Kastrationspflicht von Hauskatzen mit „Freigang“ einzuführen

Am 13.04.19 fand in Reutlingen die diesjährige Mitgliederversammlung des Landestierschutzverbandes Baden-Württemberg e.V. statt. Derr Landesverband des Deutschen Tierschutzbundes ist derzeit Dachverband von 116 Tierschutzvereinen und damit die größte Tierschutzorganisation im Land. Der Verbandsvorsitzende Stefan Hitzler eröffnete die Veranstaltung mit einem ausführlichen Geschäftsbericht.


Politische Arbeit und Entwicklungen

In seinem Vortrag ging Hitzler auf die verschiedenen tierschutzpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres ein. So beteiligten sich Vertreter des Landestierschutzverbandes im Landesbeirat für Tierschutz und ebenso in Diskussionsrunden mit den Interessenvertretern anderer Verbände, z.B. aus den Bereichen Jagd oder Nutztierhaltung. Ebenfalls waren sie beteiligt an Gesprächen mit Vertretern aus der Politik, um tierschutzrelevante Aspekte in die Betrachtung und Entwicklung der jeweils diskutierten Themen einzubringen.

Ein Rückblick auf die Erfahrungen mit dem Tierschutzmitwirkungs- und Verbandsklagerecht verdeutlichte die Möglichkeiten und Grenzen des Gesetzes (TierSchMVG). Vor allem im Bereich der „Tierversuche“ lässt es den Tierschützern kaum Handlungsspielraum. Der Landestierschutzverband hat sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten dennoch intensiv über fachliche Anregungen und Stellungnahmen in die diversen Vorgänge eingebracht. Insgesamt sind inzwischen nahezu 3000 Verfahren eingegangen, wurden geprüft und ggf. kommentiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das TierSchMVG im Bereich der Mitwirkung durchaus Möglichkeiten schafft, im Einzelfall Verbesserungen für Tiere zu erreichen, aber bisher leider nicht genügend Spielraum bietet, Dinge im Sinne des Tierschutzes nachhaltig zu verändern oder zu verhindern.


„Katzenkastrations-Projekt“

Ein Hauptanliegen des Landestierschutzverbandes ist die Kastration von frei lebenden Katzen. Diese wird gemeinsam mit den angeschlossenen Tierschutzvereinen aktiv angegangen, um das landesweite Katzenelend einzudämmen. Seit 2012 hat der Landesverband - teilweise mit Unterstützung des für Tierschutz zuständigen Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) und des eigenen Dachverbandes (Deutscher Tierschutzbund e.V.) - bereits über 466.000 Euro für dieses wichtige Tierschutzanliegen zur Verfügung gestellt und damit die aktiven Tierschutzvereine unterstützt. Auch in diesem Jahr wird dieses wichtige Projekt fortgesetzt und vom Landesverband erneut mit über 30.000 Euro für die Kastration von freilebenden Katzen gefördert. Das MLR Baden-Württemberg erkennt dieses Engagement an und förderte seinerseits das Projekt mit weiteren 30.000 Euro. Im Jahr 2018 hat der Landestierschutzverband mit insgesamt fast 60.000 Euro aus Eigenmitteln so fast 100.000 Euro für die Kastration frei lebender Katzen im Land zur Verfügung gestellt und dadurch die Kastrationen von rund 1400 Katzen und Katern ermöglicht.

Öffentlichkeitsarbeit, Weiterbildung und Beratung

Durch Interviews zu aktuellen Tierschutzthemen in Radio und Fernsehen konnte der Landestierschutzverband ein breites Publikum erreichen. Eigene Pressemeldungen des Verbandes wurden von den Medien ebenfalls immer wieder aufgegriffen. Weitere Schwerpunkte der Verbandstätigkeit lagen im vergangenen Jahr neben Weiterbildungsangeboten für die haupt- und ehrenamtlichen Tierschützer in der Beratung der Tierheime bei Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen. Die Geschäftsstelle des Landestierschutzverbandes in Karlsruhe unterstützte Vereine und Privatpersonen durch Informationen zu allen Themen rund um den Tierschutz.

Jugendarbeit in Baden-Württemberg

Die Jugendbeauftragte Iris Wiedemann betonte in Ihrem anschließenden Bericht den hohen Stellenwert der Jugendarbeit, um auch die nächsten Generationen für Tierschutzanliegen zu sensibilisieren und Kinder sowie Jugendliche für die Tierschutzarbeit zu gewinnen. Das alljährliche Landesjugendtreffen im Herbst ist inzwischen ebenso etabliert wie die Treffen der Jugendleiter und des Jugendländerrates. Der Landestierschutzverband unterstützt die Jugendarbeit seiner Mitgliedsvereine außerdem direkt mit Fördermitteln, die „unbürokratisch“ zur Verfügung gestellt werden.

Sowohl der folgende Kassenbericht des Schatzmeisters, als auch die unabhängigen Kassenprüfer kamen zu einem erfreulich positiven Jahresendergebnis, sodass die Entlastung des Vorstands einstimmig erfolgen konnte.


Ehrengast: Ariane Kari, stellvertretende Landestierschutzbeauftragte, stellt Katzenschutzverordnung vor

Das Nachmittagsprogramm eröffnete Frau Ariane Kari, Veterinärin und stellvertretende Landestierschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, mit einem Überblick zu den aktuellen Aufgaben und Schwerpunktthemen der Stabsstelle der Landestierschutzbeauftragten (SLT).
Neben dem Angebot von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Tierschutzbereich für Amtsveterinäre, setzte sich die SLT besonders intensiv mit Problembereichen in der gängigen Nutztierhaltungspraxis auseinander, wie der betäubungslosen Kastration von Schweinen, den gängigen Haltungsbedingungen von so genannten „Nutztieren“, Missständen in Schlachthöfen und bei Nutztiertransporten (nicht nur) in Drittländer etc..
Im Anschluss stellte sie detailliert das für die Anwesenden besonders interessante Thema einer allgemeinen Katzenkastrationspflicht über eine kommunale Verordnung vor. Dazu wurde im Juni 2018 von der Stabsstelle ein Entwurf einer Katzenschutzverordnung auf tierschutzrechtlicher Basis ausgearbeitet und öffentlich zur Verfügung gestellt. Diese ist auf der Webseite des Ministeriums unter dem Link https://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlr/intern/dateien/PDFs/SLT/2018-07-18_Katzenschutzverordnung.pdf zu finden.

Im Gegensatz zu bundesweit inzwischen über 700 Städten und Gemeinden hat sich in Baden-Württemberg beschämenderweise bisher erst eine Kommune bereit erklärt, diesen entscheidenden Schritt zu gehen. (*)

In der anschließenden Diskussion mit den anwesenden Vereinsvertretern zeigte sich, dass das Problem „Katzenelend“ in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird und somit auch die Kommunen keinen „Handlungsbedarf sehen“.

Würden die ehrenamtlichen Tierschützer hierzulande jedoch nicht jedes Jahr zahllose frei lebende Katzen einfangen und kastrieren lassen, hätten wir längst Zustände, wie wir sie aus südlichen und östlichen Nachbarländern schon lange kennen: unübersehbar würden überall halbverhungerte und kranke Straßenkatzen um ihr Überleben kämpfen und das Straßenbild prägen.
Durch die Arbeit der Tierschützer wird das Katzenelend in Deutschland deutlich verringert. Erkrankte und völlig abgemagerte Katzen gehören in unserem Straßenbild dank der zumeist ehrenamtlichen Arbeit der Tierschützer zur Ausnahme.

Mitgliederversammlung fordert Katzenkastrationspflicht - Tierschutz ist eine öffentliche Aufgabe

Die Tierschutzvereine werden mit dieser Problematik weiterhin im Stich gelassen. Einerseits, indem sie nicht nur die Arbeit sondern auch den weitaus überwiegenden Anteil der Kosten der Katzenkastrationen tragen, des Weiteren durch die Untätigkeit der öffentlichen Hand, um die Quelle der Probleme - die vielen nicht kastrierten Katzen mit Freigang - zu reduzieren.

Im Interesse der Allgemeinheit ist eine Kastrationspflicht für jeden Katzenhalter, der seine Katze ins Freie lässt, dringend erforderlich.

Die Anzahl der aktiven Helfer und zur Verfügung stehende finanziellen Mittel der Tierschutzvereine sind begrenzt und unterliegen starken Schwankungen. Es ist folglich unsicher, wie lange der aktuelle Status so überhaupt noch aufrechterhalten werden kann.
Würden die Tierschutzvereine diese Aufgabe nicht mehr länger übernehmen wären die Folgen verheerend und bald auch im kommunalen Bereich überall unübersehbar.

Geschlossen forderten die Anwesenden dringend kommunale Katzenschutzverordnungen und damit die Einführung und Umsetzung einer Katzenkastrationspflicht einschließlich der Kennzeichnung und Registrierung der Hauskatzen.


(*) Update: Aktuellen Meldungen zufolge hat der Gemeinderat von Berglen am 09.04.19 einstimmig beschlossen, ab 2020 eine Katzenschutzverordnung einzuführen. Berglen wäre damit die erst Kommune in BW, die eine Katzenkastrationspflicht einführt.

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