Hundeverordnung soll aktualisiert werden - Landestierschutzverband Baden-Württemberg
Hundeverordnung soll aktualisiert werden
von Redaktion LTschV-BW

Hundeverordnung soll aktualisiert werden

Für Tierschützer schon lange überfällig: Die alte „Tierschutz“-Hundeverordnung von 2001 wird endlich überarbeitet.
Stefan Hitzler, Vorsitzender des Landestierschutzverbandes erkennt zwar deutliche Verbesserungen, wesentliche Grundforderungen des Tierschutzes werden aber nach wie vor nicht umgesetzt. So müssen angehende Hundehalter vor dem Erwerb eines Hundes immer noch keine Sachkunde nachweisen und auch eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht fehlt weiterhin.

Die Haltung von Heimtieren wird bundesweit eigentlich nur sehr allgemein über das Tierschutzgesetz geregelt. Nur zur Hundehaltung gibt es im Heimtierbereich noch eine gesonderte Verordnung, die so genannte „Tierschutz“-Hundeverordnung (TierSchHuV).
„Den „Tierschutz“ konnte man dort bisher allerdings mit der Lupe suchen. Eine Verordnung, die vorrangig die isolierte Haltung von Hunden in geschlossenen Räumen, in Zwingern und sogar angebunden an der Laufleine oder -Kette regelt und damit ausdrücklich legitimiert, hat meines Erachtens des Zusatz „Tierschutz“ keinesfalls verdient.“ kommentiert der Vorsitzende des Landestierschutzverbands Stefan Hitzler das bisherige Regelwerk.

Immerhin soll sich zukünftig einiges ändern. So wird gemäß dem letzten Entwurf des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft der „Kettenhund“ endgültig verboten sein. Auch der Auslauf für Hunde wird demnach konkretisiert: nach der Neuregelung muss ein Hund außerhalb des Zwingers mindestens zweimal täglich insgesamt eine Stunde Auslauf und mehrmals täglich Umgang mit der Betreuungsperson erhalten.

Wer jetzt meint, das sei doch selbstverständlich, irrt sich gewaltig. Noch immer ist es keine Seltenheit, dass sich Menschen vollkommen unbedarft einen Hund zulegen, den sie dann den ganzen Tag zuhause alleine lassen, da sie ja berufstätig sind. Oder Hunde, die vollkommen abgeschieden in Kleingartenanlagen und Hinterhöfen, auf Schrottplätzen oder in sonstigen Gewerbegebieten lebenslänglich in Zwingern eingesperrt vor sich hinvegetieren und kaum bis gar nicht ins Freie dürfen. Je länger der Hund eingesperrt ist, desto weniger zugänglich ist er - sein Verhalten wird „unberechenbar“, das Spazierengehen an der Leine extrem „anstrengend“. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem er den Zwinger überhaupt nicht mehr verlassen darf.

„Ein derartiges „Hundeleben“ ist Tierquälerei“, macht Hitzler deutlich: „Hunde sind hochsoziale Rudeltiere, die den Kontakt zu Artgenossen oder ersatzweise den Menschen suchen und brauchen. Sie wollen immer dabei sein und gefordert werden. Hunde irgendwo isoliert wegzusperren - ob in der Wohnung oder im Außenbereich - ist meiner Ansicht nach hochgradig tierschutzwidrig. Verhaltensprobleme sind damit vorprogrammiert.“
Der Vorsitzende des Landestierschutzverbandes weiß aus erster Hand, wie solche Hundeschicksale dann oft enden. Haben sie Glück, landen sie in einem Tierheim, wo dann mit viel Arbeit, Zeitaufwand, Geduld und Erfahrung der „Resozialisierungsversuch“ beginnt.
In immer mehr Tierheimen sitzen solche pflegeintensiven „Problemhunde“ als Langzeitgäste.

Nicht ohne Grund wird in der überarbeiteten Hundeverordnung deshalb gerade bei der Hundeaufzucht den arteigenen Bedürfnissen der Hunde und deren Welpen deutlich mehr Rechnung getragen. Künftig soll eine Betreuungsperson nur noch für maximal für 5 Hunde oder drei Hündinnen mit Welpen sorgen dürfen. Nach der alten Verordnung reichte für die Betreuung von bis zu 10 Zuchthunden und deren Nachwuchs noch eine Person aus. Kein Mensch kann aber den vielfältigen Herausforderungen einer erfolgreichen und damit vor allem zeitintensiven Welpenaufzucht bei bis zu 10 gleichzeitigen Würfen auch nur ansatzweise gerecht werden. Die Folge war, dass viele Welpen gerade in der wichtigen Sozialisierungs- und Prägephase weder verschiedene Umweltreize kennenlernen konnten, noch den Kontakt und richtigen Umgang mit Menschen oder Artgenossen erlernt haben und deshalb oft schon mit Verhaltensproblemen in ihr weiteres Hundeleben starteten.

Stefan Hitzler beurteilt die geplanten Neuerungen deshalb so: „Im Vergleich zur alten Version der TierSchHuV sind deutliche Verbesserungen zu erkennen. Dass die Anbindehaltung zukünftig verboten ist, begrüßen wir sehr. Trotzdem bleibt die Haltung von Hunden in Zwingern und geschlossenen Räumen erlaubt. Leider wurde auch der verpflichtende Sachkundenachweis für jeden neuen Hundehalter bevor er sich einen oder mehrere Hunde zulegen darf, nicht umgesetzt. Diese Hürde hätte sicherlich mit dazu beigetragen, unreflektierte „Spontankäufe“ schon im Voraus zu verhindern und somit vielen Hunden Leid erspart. Auch die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht wurde leider nicht in die neue Verordnung aufgenommen. Das gilt auch für Vorgaben zur artgerechten Erziehung und zu tiergerechten Ausbildungsmethoden von Hunden, die meiner Ansicht nach dringend nötig wären. Es bleibt also noch reichlich Luft nach oben“.

Hintergrund:
Die bundesweit geltende TierSchHuV wird derzeit überarbeitet. Ebenfalls neu aufgenommen werden soll ein Ausstellungsverbot für Hunde, die unter bestimmten Zuchtmerkmalen massiv leiden und in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt sind. Zu derartigen Qualzuchtmerkmalen zählt bspw. die extreme Kurzköpfigkeit (Brachycephalie), wie sie oft bei Möpsen, französischen Bulldoggen und Pekinesen zu beobachten ist. Die Tiere leiden lebenslang unter schweren Atemproblemen.
Schon 1999 wurden diverse Qualzuchtkriterien in einem umfangreichen Gutachten zusammengefasst. Dieses Gutachten sollte allerdings dringend aktualisiert werden. Außerdem fehlt immer noch eine Rechtsverordnung, mit der das Qualzuchtverbot gemäß § 11 b des Tierschutzgesetzes konkretisiert wird, um es effektiv umsetzen zu können. Und auch der Import von solchen Qualzuchttieren müsste verboten werden. Das Ausstellungsverbot alleine reicht also bei weitem noch nicht aus.

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